Wir
sind die vollgefressensten Kakerlaken der Zivilisation. Von Fressorgien
träge gesättigt, schlagen wir Zeit nach Zeit nach Zeit tot. Nicht k.o.
Tot. Wir haben keine Angst vor Morgen und keine von gestern. Die Rituale
gleichen sich exakt.
Da lebe ich in einer
Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer selbstbewussten Mitbewohnerin, da schaue
ich auf die Straße. Ich mag die gelbe Straßenbahn. Ich hasse die Farbe
Gelb und dass Gelb mit Neid assoziiert wird, balsamiert mein Gewissen.
Ich liebe das Liegen. Ich lausche den Schritten meiner Bewohnerin. In
Momenten akutester Einsamkeit trete ich hinaus, trinke mit ihr einen
Kaffee und lege mich wieder hin. Meine Bewohnerin fragt mich selten um
Rat. Wie man Petersilie pflege? Ich weiß es nicht. Ich schaue auf die
Straße und sehe die gelbe Bahn vorbeirauschen. Ja, Rauschen, manchmal
rauscht der Elektromotor, kein Summen der Bienen und kein Stampfen der
Ottomotoren. Meer.
Vor zwei Wochen erhöhte ich mein
Bett, um aus dem Liegen auf die Straße zu schauen. Summ Summ. Die
Holzklötze stammen aus Skandinavien, versicherte mir der Facharbeiter
des Holzhandels.
Meine Bewohnerin schreibt manchmal
komplizierte Arbeiten. Sie habe früher Pferdefachwirtin werden wollen.
Ein komplexer Beruf voller Auf-und-Abs. Pferde mochte sie, Fach passte
zur Streberin, Wirtin aber dörrte die Leidenschaft aus. Ich nicke dann,
nippe am Kaffee und stelle mir die Reise Auf-und-Ab als Einfache Fahrt
vor. Nee, One-Way-Ticket, das klingelt neustädtischer. Out of the door
tritt ihr Bruder heraus, ein Mechaniker, Normen als Gehirnstruktur. Er
lächelt wenig, mischt loyal Müsli und betrachtet mich irritiert als
Oberaffen eines verfallenden Zoos. Sympathischer Mann mit Frau, Auto,
Beruf und Schichtarbeit. Vielleicht habe ich ´ne Bruchzahl an Frau. Aber
ein Semesterticket, Beruf…Ruf…der Ruf der Wildnis. Schichtarbeit?
Morgen schon Abgabe der Master-Desaster-Abschlussarbeit?
Auf-und-Ab!
Ich versuche das „und“ in meinem Leben zu verorten. Manchmal wühle ich
in diesem Brei aus Vergangenheit. Wie eine Wühlmaus. Oder ein Mixer.
Meine Bewohnerin liebt Küchenpsychologie. Sie wollte mein Leben neu
vermessen. Sie glaubt, man könne einen Regenwald mit Trigonometrie
erklären. Meine Mitbewohnerin hasst mich inständigst. Ich spüre das.
Dafür liebe ich sie. Summ Summ.
No comments:
Post a Comment