Ist so 'ne Geschichte über 'nen Dichter im Harzgebirge. Eis soll Thema sein.
…inspizierte der großgewachsene, von einem krummholzigen
Skelettbau gepeinigte Dichter das Paket. Seiner Dichtkunst mangele es an Tiefe
und Ideen, schrieb ein Kollege. Hilfe aus einem Paket? Es dampfte. Er auch.
„Nur für Dichter – Freunde des balancierten Wortes“ hatte der Hersteller auf
das Styroporpaket gepappt. Der Dichter zweifelte. An der Investition. Die
Leidenschaft des Harzers zu Handwerkskunst war ihm vertraut. Kurz blickte er
aus dem Fenster zu den Harzwäldern, deren Äste sorgsam den Schatten vor
Sommerlicht schützten. Gute Arbeit, Schwarzkiefer, lobte er den Nadelforst. Seine
Hand packte,
endlich, den Deckel, er zog ihn ab, den Deckel, ein Schwall Frostwolke stieg ans
Gesicht, der
Deckel fehlt.
„Tatsache!“
Die Wolke verzog: Konturen einer durchsichtigen Maschine,
spröd wie Glas, zeichneten sich zwischen
den Wölkchen ab. Nur ein Dichter, hatte ihm der Schnitzmeister versichert,
könne auf ihr tippen. Nur im Harz werden sie hergestellt. Nur im Harz seien Schnitzmeister
und Sprachfreunde „eins mit der Ursuppe, in denen die Silben schwimmern…für Sie
als Dichtergrafen ideal… zum Dichterfürsten werden Sie es schaffen…mit unserer
Maschine…Sie verstehen…Herr Dichterfürst in spe, werden Sie stolzer Besitzer
einer Eisschreibmaschine...Zahlung per Vorkasse. Kein Rückgaberecht. “
Maschinenkälte! Neurologisches Vibrant! Die Hände, sie
schüttelten! Zittern hoben sie die Mechanik des Eises aus der Kammer, stellte
sie auf den Tisch, atmete ein, dachte an die Ursuppe, atmete aus und inspirierte
sich an der Ursuppe. Wellen der Erregung suppten zu den Fingergliedern, suppten
zurück, der Atem erregt! „Endlich in die Meisterklasse der Dichtkunst
aufsteigen! Wie der Harz aus Norddeutschem Sumpf!“, rief der Dichter aus. Hört
jemand zu? Nein! „Ideen! Kommt! Fliegt herbei wie Löwenzahnsamen im Mistral!“
Dann – ziehen seine Finger an die Tasten aus tiefstem Frost.
Ein Brocken und die
Eisenbahn,
düst schmalspurig
mit Affenzahn,
da lacht die Mutter
zu dem Kind,
ach, wie schön,
dass wir Harzer sind.
Nobelpreisklasse schaut das `dicht nicht aus, aber ich
spüre, wie ich den roten Faden der Muse aufgelesen habe. Ein Goethe brauchte
zwar keine Eisschreibmaschine und schillern tat das Gedicht nicht, aber aus dem
Klopstock keimte auch kein Blumenstrauß. Nächstes Gedicht.
Im Harz wandert ein
Räubersmann,
der außer rauben
gar nichts kann,
da räuben die Räuber
den Räuber aus,
der erste geht dann
ins Osteroder Heimathaus
Excellent et fantastique, konstatiert der Dichter, zog
mit den Fingern über die Lippen, leckte die sie ab. Jede einzelne Ader -
pulsiert! Brocken, Räuber, Harzwaldschatten, Mythen, aus denen sich neue Ideen
speisen!
Ob im Ober- oder
Unterharz,
die Tage hell, die
Nächt so schwarz.
Herrlichst! Unterharz! Kein Ost- oder Westharz, sondern
der Unterharz. Er sinnierte kurz von Harzwäldern, als der Buchstabe Qq in eine
Pfütze platschte. Er trank einen Tee, betrachtete seine Dichterei. Vom Ee
schlängelte ein kleines Rinnsal an Tauwasser zum Öö. Die Dichterei taut. Sie
taut? Des Dichters Augen rissen auf. Die abgerundeten Vierecke seiner Tastatur
schmolzen zu unförmigen Klumpen; Schmelzwasser tröpfelte von Tisch und sammelte
sich am Boden. Er hämmerte auf das Aa, ein Test, aber das Aa reagierte lahm wie
das Fließen eines Gletschers. Die Zeit zerrann. Die Tastatur folgte der Zeit in
ihrem Handeln und Tun. Er rief poetischen Alarm aus, kippte den Tee auf ex. Die
Nerven unter Spannung. Dann der Fokus, setze den Fokus, Dichterfürst: Bene und
merde, Dichterfürst, bene und merde, teile und herrsche, bene und merde,
literarisch auf einem guten Weg...jetzt…beruhige dich, atme tiefst ein, vergiss
die Zeit, denke nach…ein Gedicht schreibst du noch, du bist warmgeschrieben
(das Wörtchen warm versetzte ihm einen Stich), er sank den Kopf, bäumte sich
auf, begann:
Ein Wölkchen Rauch
aus eisern Nüstern,
Bis der Kringel sich verfängt,
Folgt des Drachens stummes Flüstern,
Atemlos sich niedersenkt.
Bis der Kringel sich verfängt,
Folgt des Drachens stummes Flüstern,
Atemlos sich niedersenkt.
Wasser tropfte.
Müd‘ die Iris uns
betrachtet,
Taub und still der Atem zieht,
Funkenasche ihn beachtet,
Qualm aus seinem Körper flieht.
Taub und still der Atem zieht,
Funkenasche ihn beachtet,
Qualm aus seinem Körper flieht.
Wasser tropfte.
Als wär‘ ein jedes
Schuppenglied,
Eingeäschert in sein Grab,
Der Drache schließt das Schuppenlid,
Ein Wölkchen Rauch an diesem Tag.
Eingeäschert in sein Grab,
Der Drache schließt das Schuppenlid,
Ein Wölkchen Rauch an diesem Tag.
Wasser floss.
Die Maschine! Sie kollabierte unter dichterischer Wärme
in zwei Firneishälften. „Zu feurig für eine Eisschreibmaschine!“, schrie der
Dichter. „Ich dummer Brocken!“ Tastaturen schwammen als kleine Eisberge in
einer Pfütze aus poetischer Suppe. Er las das Gedicht ein zweites Mal, sah
Schwächen, zu überkandidelt. Er erklärte die Räuber zu seinem Meisterwerk. Die
Pfütze des zerschmolzenen Drachen roch nach Kohlenstaub. Es blieb Sommer im
Harz.
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